Der franzosische Kunstsammler und Schriftsteller Henri-Pierre Roche (1879-1959) verdankt seine Bekanntheit in erster Linie den Filmen, die Francois Truffaut auf der Grundlage der spat entstandenen Romane drehte, darunter Jules et Jim (1962). Vor allem das Attribut des groen Verfuhrers und Liebhabers - eines der most active lovers in recorded history" - wird Roche seitdem zugeschrieben, und nicht zuletzt aus diesem Grund erlangte auch sein umfangreiches Tagebuch einigen Bekanntheitsgrad. Dieses Tagebuch wiederum ist Teil von Rochs philosophischem Lebens- und Selbstentwurf. Es ist nicht nur ein Ort der Selbstreflexion, sondern es bildet auch das Rohmaterial seiner schriftstellerischen Arbeit. Obgleich Roch in den Erzhlungen sein eigenes Leben und seine Person zu jeweils unterschiedlichen Graden fiktionalisiert, markiert er diese nicht explizit als autobiographisch inspiriert. Das Journal ist daher zugleich autobiographischer Text und Schlssel zur Lektre des romanesken Werks. In dem Mae, in dem die Grenzen zwischen Fiktion und Realitt in Rochs Romanen flieend sind, bewegt sich allerdings auch das grtenteils unverffentlichte Tagebuch zwischen diesen Sphren. Bei Roch lsst sich, so die grundlegende These dieser Studie, von einer Art literarischem self-fashioning sprechen, da er seine eigene Persnlichkeitsbildung ganz bewusst an seinem literarischen Projekt orientiert. Katharina Lunau untersucht diesen Prozess der Selbstfiktionalisierung in Don Juan et ... als frher Erzhlung und den Romanen Jules et Jim und Deux Anglaises et le Continent als spten Texten kenntnisreich und umfassend.